Lärm in der Nachbarschaft
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
Das zuständige Ministerium schreibt zu Lärm hier u.a.
Lärm ist jedes unerwünschte laute Geräusch. Das Ohr nimmt die Geräusche auf und verarbeitet die darin enthaltenen Informationen. Lärm wird sehr subjektiv wahrgenommen, das heißt, jeder Mensch empfindet Geräusche unterschiedlich, den einen stören sie nicht oder nur wenig, den anderen nerven sie. Laute Musik regt zum Beispiel manche Personen auf, andere finden sie schön und wieder andere lässt sie völlig kalt.
Geräusche entstehen durch Schwingungen und breiten sich in der Luft als Schallwellen aus. Die Stärke des Schalls, also die Lautstärke, kann man messen. Die Messgröße heißt Schalldruck, der angezeigte Messwert ist der Schalldruckpegel und wird in Dezibel (dB) angegeben. Ein Schallereignis stellt sich als kleinste Druckschwankung um den atmosphärischen Luftdruck dar; diese Schwingung wird vom Gehör wahrgenommen. Das Lautstärkeempfinden eines Schallereignisses wird dabei grundsätzlich durch ebendiesen Schalldruck und zudem durch die Frequenz bestimmt. Die Frequenz (Anzahl der Schwingungen pro Sekunde) bedingt die „Tonhöhe“. Je höher die Frequenz, desto höher wird der Ton (oder das Geräusch) wahrgenommen.
Je stärker ein Geräusch ist, desto mehr Menschen empfinden es als unangenehmen Lärm. Als Lärm können auch alle Schallereignisse bezeichnet werden, die das menschliche Wohlbefinden beeinträchtigen. Damit ist der Begriff Lärm subjektiv geprägt, messtechnisch zugänglich ist nur das (physikalisch beschreibbare) Geräusch. Starke Lärmeinwirkungen oder dauerhafter Lärm können sogar krank machen oder die Leistungsfähigkeit negativ beeinflussen.
Lärm ist also nicht gleich Geräusch. Kontinuierlicher Lärm, zum Beispiel von Maschinen wie Pumpen oder Gebläsen, unterscheidet sich dabei von so genanntem intermittierenden Lärm wie beim Flugzeugstart oder dem Klingeln eines Weckers. Sehr kurze Geräusche wie Schüsse oder Explosionen werden als Impulslärm bezeichnet.
Lärm ist schädlich
Aus repräsentativen Umfragen des Umweltbundesamtes ergibt sich, dass der Straßenverkehrslärm mit Abstand als der größte Störfaktor empfunden wird.
Der Schalldruck an der Schmerzgrenze ist circa drei Millionen mal so groß wie der Schalldruck an der Hörschwelle. Zur Vereinfachung der Darstellung des Schalls wird deshalb eine logarithmische Zahlenskala gewählt, die in Dezibel (dB) angegeben wird. Würde man den Schalldruck linear in der Einheit Pascal angeben, reichte die Skala von der Hörschwelle bei circa 20 Mikro-Pascal (20 µP entspricht 20 x 10-6 Pascal), was null Dezibel entspricht, bis zur Schmerzschwelle von fast 100.000.000 Mikro-Pascal bei 130 Dezibel.
Änderungen der Lautstärke um einen Dezibel kann der Mensch unter bestimmten Voraussetzungen wahrnehmen; eine Pegeländerung um zehn Dezibel entspricht etwa einer Verdopplung beziehungsweise Halbierung der subjektiv empfundenen Lautstärke.
Da das menschliche Gehör tiefe und hohe Töne leiser als den Bereich der mittleren Frequenzen um etwa 1000 Hertz wahrnimmt, werden die ermittelten Schalldruckpegel nochmals umgerechnet, um den Lautstärkeeindruck realistischer abbilden zu können. International wird in der Regel eine „A-Bewertung“ durchgeführt (Korrektur der Schallpegel nach einer bestimmten Bewertungskurve A, die Schallpegel mit tiefen sowie hohen Frequenzen nach unten korrigiert, da sie ja leiser wahrgenommen werden). Bei sehr tiefen Frequenzen ist dieser Effekt besonders stark ausgeprägt. Die resultierenden Schallpegel werden in Dezibel oder Dezibel(A) angegeben.
Lärm – Wohnen, Arbeit und Freizeit : eine PDF Datei des Bayerischen Landesamtes für Umwelt auch zu Lärmwerten z.B. in Dorf- und Mischgebieten Technische Anweisung Lärm (TA Lärm)
Auszug aus der Datei des genannten Amtes
Industrie- und Gewerbelärm
In den Bereich des Industrie- und Gewerbelärms fallen lärmverursachende Geräte, Maschinen, Lager und ganze Werke, aber auch kleine Handwerksbetriebe.
In den verschiedenen Gewerben gibt es naturgemäß auch viele verschiedene Arten von Schallquellen und Schallschutzmaßnahmen.
Selbst gleichartige Betriebe emittieren je nach Umfang der Maßnahmen unterschiedlich viel Schall. Dies hängt auch von der Bauausführung und der Anordnung der Anlagen ab.
Kritisch sind besonders alle Schallquellen im Freien, wie Zu- und Abluftöffnungen, Anlagen zur Abluftreinigung, Kamine, Rohrleitungen, Ventile und Kühler sowie Fahr- und Verladebetrieb.
Zur Beurteilung von Gewerbelärm dient die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) von 1998. Im Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG oder in einem
Baugenehmigungsverfahren wird anhand einer Prognoseberechnung der Geräuschemissionen und -immissionen untersucht, ob die Immissionsrichtwerte überschritten werden.
Die Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel außerhalb von Gebäuden betragen:
Anwendungsbereich | Tagzeit | Nachtzeit |
in Industriegebieten | 70 dB(A) | |
in Gewerbegebieten | 65 dB(A) | 50 dB(A) |
in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten | 60 dB(A) | 45 dB(A) |
in allgemeinen Wohngebieten und Kleinsiedlungsgebieten | 55 dB(A) | 40 dB(A) |
in reinen Wohngebieten | 50 dB(A) | 35 dB(A) |
in Kurgebieten, für Krankenhäuser und Pflegeanstalten | 45 dB(A) | 35 dB(A) |
Tagzeit ist von 06:00 – 22:00 Uhr, Nachtzeit zwischen 22:00 – 06:00 Uhr.
Erforderlichenfalls werden Schallschutzmaßnahmen zur Auflage gemacht. Als Schallschutzmaßnahmen kommen z.B. in Frage:
- Anwendung geräuscharmer Verfahren,
- Einsatz leiser Geräte und Fahrzeuge,
- Kapselung und Einhausung von Maschinen
- Einbau von Schalldämpfern.
Nach Errichtung und Inbetriebnahme der Anlage lässt sich durch Messungen überprüfen, ob die Anforderungen tatsächlich erfüllt sind.
Auch Gaststätten und deren Außenbewirtungen unterliegen der Beurteilung nach der TA Lärm.
Seit Juli 1995 gilt in Bayern für Biergärten die „Bayerische Biergarten -Nutzungszeiten -Verordnung“ die eine Betriebszeit bis 23:00 erlaubt, aber zu einem Biergarten
gehören im Gegensatz zur Außenbewirtschaftung ein Baumbestand, einfache ungedeckte Tische. Ferner ist in einem Biergarten das Mitbringen von Speisen erlaubt.
Das Nebeneinander zwischen Außenbewirtschaftung und Nachbarschaft, insbesondere in der Innenstadt, birgt oft Konflikte.
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warum man an der Grundstücksgrenze keine Bäume pflanzen soll
Es gibt mehrere Gründe, warum es oft empfohlen wird, keine Bäume direkt an der Grundstücksgrenze zu pflanzen. Diese Gründe können je nach den örtlichen Vorschriften und Gegebenheiten variieren, aber hier sind einige der häufigsten:
- Platzmangel: Wenn Bäume direkt an der Grundstücksgrenze gepflanzt werden, kann es zu Platzproblemen kommen. Die Bäume können sich über die Grenze hinaus ausdehnen und in benachbarte Grundstücke hineinwachsen. Dies kann zu Konflikten mit den Nachbarn führen und rechtliche Probleme verursachen.
- Wurzeln: Die Wurzeln von Bäumen können tief in den Boden reichen und sich horizontal ausbreiten. Wenn sie sich in Richtung des Nachbargrundstücks ausdehnen, können sie Schäden an Gebäuden, Fundamenten, Abwasserleitungen und anderen unterirdischen Strukturen verursachen.
- Schatten: Große Bäume an der Grundstücksgrenze können Schatten auf das benachbarte Grundstück werfen und dort das Pflanzen von Gras, Blumen oder anderen Pflanzen erschweren. Dies kann zu Unzufriedenheit bei den Nachbarn führen.
- Laub und Früchte: Bäume können Laub, Nadeln oder Früchte abwerfen, die auf das Nachbargrundstück fallen und Unannehmlichkeiten verursachen können. Dies kann insbesondere dann problematisch sein, wenn die Früchte allergische Reaktionen auslösen oder die Nachbarn dazu zwingen, ständig das Laub aufzuräumen.
- Feuergefahr: In trockenen Gebieten können Bäume an der Grundstücksgrenze das Risiko von Bränden erhöhen, da Funken von einem benachbarten Grundstück leicht auf die Bäume übergreifen können.
- Lokale Vorschriften: Es ist wichtig zu beachten, dass lokale Bauvorschriften und Nachbarschaftsvereinbarungen die Pflanzung von Bäumen an der Grundstücksgrenze regeln können. In einigen Gebieten sind bestimmte Abstände von der Grenze oder spezielle Genehmigungen erforderlich.
Gesetz zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (AGBGB) Vom 20. September 1982
(BayRS IV S. 571) BayRS 400-1-J
Art. 47 Grenzabstand von Pflanzen
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann verlangen, daß auf einem Nachbargrundstück nicht Bäume,
Sträucher oder Hecken, Weinstöcke oder Hopfenstöcke in einer geringeren Entfernung als 0,50 m oder,
falls sie über 2 m hoch sind, in einer geringeren Entfernung als 2 m von der Grenze seines Grundstücks
gehalten werden.
(2) 1Zugunsten eines Waldgrundstücks kann nur die Einhaltung eines Abstands von 0,50 m verlangt
werden. 2Das gleiche gilt, wenn Wein oder Hopfen auf einem Grundstück angebaut wird, in dessen Lage
dieser Anbau nach den örtlichen Verhältnissen üblich ist.
Art. 48 Grenzabstand bei landwirtschaftlichen Grundstücken
(1) Gegenüber einem landwirtschaftlich genutzten Grundstück, dessen wirtschaftliche Bestimmung durch
Schmälerung des Sonnenlichts erheblich beeinträchtigt werden würde, ist mit Bäumen von mehr als 2 m
Höhe ein Abstand von 4 m einzuhalten.
(2) Die Einhaltung des in Absatz 1 bestimmten Abstands kann nur verlangt werden, wenn das Grundstück
die bezeichnete wirtschaftliche Bestimmung schon zu der Zeit gehabt hat, zu der die Bäume die Höhe von 2
m überschritten haben.
Hinweis zur Grenzbepflanzung
Zivilrechtlich gelten relativ geringe Grenzabstände gegenüber angrenzenden Grundstücken.
Die meisten Laubbäume neigen am Waldrand zu weit ausladenden Seitenästen, die oft mehrere Meter weit
über die Grenze ins Nachbargrundstück hineinwachsen. Der Nachbar braucht aber überwachsende Äste auf
seinem Grundstück nicht zu dulden, wenn sie ihn in der Bewirtschaftung seines Grundstückes behindern
oder sonstige nachteilige Auswirkungen auf sein Grundstück haben (die Nachteile müssen nicht unbedingt
„erheblich“ sein). Er kann nach § 910 BGB die überwachsenden Äste selbst beseitigen. Die Gerichte sind
inzwischen überwiegend der Meinung, dass er nicht selbst tätig werden muss, sondern vom
Baumeigentümer die Beseitigung der überwachsenden Äste verlangen kann.
Um späteren Streitigkeiten wegen überwachsender Äste vorzubeugen, empfiehlt es sich, freiwillig
einen größeren Grenzabstand einzuhalten bzw. entlang der Grenze zu Nachbargrundstücken etwa in
den äußeren beiden Pflanzreihen Laubbäume zweiter Ordnung zu pflanzen, die nicht zu weit
ausladenden Seitenästen neigen. Geeignet sind z.B. Vogelbeere, Feldahorn, Birke, Wildkirschen und
anderes Wildobst.
Ein Hauseigentümer kann verlangen, dass die Nachbarn Äste zurückschneiden, die von ihren Bäumen auf sein Grundstück ragen. Er muss seine Ansprüche
aber innerhalb von drei Jahren geltend machen – gerechnet ab dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Äste erstmals über die Grundstücksgrenze wuchsen.
Lässt er die Frist verstreichen, ist sein Anspruch verjährt, entschied der Bundesgerichtshof (Az. V ZR 136/18). Dann bleibt ihm nur noch die Möglichkeit, selbst zur Säge zu greifen und die störenden Zweige zu entfernen.
Herüberwachsende Wurzeln und Äste müssen Nachbarn nie dulden, ob der Abstand eingehalten wurde oder nicht.
Wurde diese Frist versäumt, steht dem beeinträchtigten Nachbarn immer noch das Selbsthilferecht nach § 910 BGB zu Verfügung. Allerdings kann er die Kosten hierfür dann nicht mehr beim Eigentümer des Baumes geltend machen.
Der Überwuchs als solcher stellt schon eine Beeinträchtigung dar.
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Rund um Haus und Garten
Frage:
Haftet in Bayern ein privater Waldbesitzer für Schäden, die entstehen, wenn bei einem Sturm ein Baum auf die Straße fällt?
Antwort:
In Bayern gilt im Wesentlichen das gleiche wie in anderen Bundesländern, wobei es jedoch spezielle Regelungen im bayerischen Waldgesetz (BayWaldG) gibt, die ergänzend zu den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und des Bundeswaldgesetzes (BWaldG) herangezogen werden können.
Grundsätze der Haftung in Bayern:
- Verkehrssicherungspflicht:
- Wie in anderen Bundesländern hat ein privater Waldbesitzer in Bayern eine Verkehrssicherungspflicht. Er muss dafür sorgen, dass von seinem Wald keine Gefahren für Dritte ausgehen, insbesondere an Stellen, an denen sein Wald an öffentliche Verkehrswege wie Straßen grenzt.
- Diese Pflicht umfasst die regelmäßige Kontrolle und Pflege der Bäume, um Gefahrenquellen zu erkennen und zu beseitigen.
- Höhere Gewalt (Sturm):
- Bei einem Sturm handelt es sich um höhere Gewalt. Wenn ein ansonsten gesunder Baum durch einen Sturm auf eine Straße fällt, besteht in der Regel keine Haftung des Waldbesitzers, da Stürme unvorhersehbare und unkontrollierbare Naturereignisse sind.
- In Bayern konkretisiert § 10 BayWaldG, dass Wald grundsätzlich seiner Naturbelassenheit überlassen werden soll, was insbesondere im Zusammenhang mit Naturereignissen wie Stürmen relevant ist. Das Gesetz räumt dem Schutz des Waldes Vorrang ein, wodurch die Haftung des Waldbesitzers bei Naturereignissen weiter eingeschränkt wird.
- Besondere Schutzgebiete und stark frequentierte Bereiche:
- In Bereichen, die stark frequentiert sind, z.B. an öffentlichen Straßen oder Wanderwegen, kann die Verkehrssicherungspflicht strenger sein. Hier wird vom Waldbesitzer erwartet, dass er verstärkte Kontrollen durchführt.
- Ist jedoch ein Baum erkennbar geschwächt, krank oder morsch und der Besitzer hat diese Gefahr nicht beseitigt, kann eine Haftung bei einem Schaden auch bei einem Sturm bestehen.
Spezifische Regelungen in Bayern:
Das BayWaldG enthält einige spezifische Bestimmungen, die die Pflichten des Waldbesitzers beeinflussen können:
- § 14 Abs. 1 BayWaldG betont den Schutz des Waldes als Naturraum. Das bedeutet, dass nicht jeder Baum präventiv gefällt werden muss, um potenzielle Gefahren zu vermeiden.
- Die Haftung kann ausgeschlossen sein, wenn der Waldbesitzer seiner Pflicht zur Waldpflege nachgekommen ist und der Baum nur durch den Sturm beschädigt wurde.
Fazit:
In Bayern haftet ein privater Waldbesitzer in der Regel nicht, wenn ein gesunder Baum durch einen Sturm auf die Straße fällt, da dies als höhere Gewalt gilt. Eine Haftung könnte jedoch entstehen, wenn der Waldbesitzer seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, beispielsweise durch das Unterlassen der Beseitigung eines erkennbar kranken oder morschen Baumes.
Verkehrssicherungspflicht für Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer
Foto: L. Straßer
Die Verkehrssicherungspflicht obliegt jedem Waldbesitzer. Welche Sicherheitsvorkehrungen muss ein Waldbesitzer treffen, um andere Personen vor Schäden zu bewahren?
Im Folgenden sollen die wichtigsten Punkte der Verkehrssicherungspflicht, die jedem Waldbesitzer obliegt, angesprochen werden.
Ursprung der Verkehrssicherungspflicht
Grundlage der Rechtsprechung zur Verkehrssicherungspflicht ist § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches, der mit der Überschrift „Schadensersatzpflicht“ betitelt ist: Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
Es gibt leider keine explizite Regelung der Verkehrssicherungspflicht.
Dies bedeutet, dass die Pflichten des Waldbesitzers von der laufenden Rechtsprechung, also im Einzelfall gesprochenen Urteilen, abgeleitet werden. Dabei gilt folgender Grundsatz: Wer in seinem Verantwortungsbereich Gefahrenquellen schafft oder andauern lässt, muss die zum Schutz Dritter notwendigen (und zumutbaren) Vorkehrungen treffen.
Inhalt der Verkehrssicherungspflicht
Grundsätzlich müssen nur diejenigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Mensch für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren und die den Umständen nach zumutbar sind.
Ein Waldbesitzer haftet nur dann, wenn ihm ein „Verschulden“ vorgeworfen werden kann. „Verschulden“ bedeutet Vorsatz und Fahrlässigkeit, auch die „leichte“ bzw. „einfache“ Fahrlässigkeit. „Fahrlässigkeit“ bedeutet außer Acht lassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt und setzt Vorhersehbarkeit voraus.
Verkehrssicherungspflicht im Wald
Das Betreten des Waldes erfolgt grundsätzlich auf eigene Gefahr (Art. 13 Abs. 2 Satz 1 des Waldgesetzes für Bayern bzw. § 14 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft). Nicht gehaftet wird daher für Schäden, die im Rahmen des sog. allgemeinen Lebensrisikos entstehen. Hierzu gehören typische Waldgefahren, deren Risiko der Waldbesucher selbst tragen muss. Dies sind Gefahren, die sich aus der Natur oder der sachgemäßen Bewirtschaftung des Waldes ergeben. Das gilt grundsätzlich auch an privaten Waldwegen. Typische Waldgefahren sind z. B. Trockenzweige in Baumkronen, herabhängende Äste nach Schneebruch oder Sturm oder Unebenheiten auf Wegen durch Wurzeln.
Hingegen besteht eine Haftung bei sogenannten atypischen Waldgefahren.
Dies sind Gefahren, die weder durch die Natur noch durch die Bewirtschaftung des Waldes mehr oder weniger zwangsläufig vorgegeben sind. Atypische Waldgefahren sind insbesondere vom Waldbesitzer selbst geschaffene oder geduldete Gefahren, mit denen der Waldbesucher nicht rechnen muss. Hierzu zählen z. B. nicht sicher gelagerte Holzstapel, Hindernisse auf Wegen, nicht erkennbare Wegeabsperrungen (z. B. Draht, unauffällige Schranken), Abgrabungen, defekte Stege oder Geländer. Atypische Gefahren müssen durch geeignete Maßnahmen beseitigt werden. Nur wenn dies nicht möglich oder zumutbar ist, genügen (deutlich) erkennbare Maßnahmen zur Warnung (z. B. Sperren, Sperrbänder, Piktogramme etc.).
Verkehrssicherungspflicht an öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen
Öffentliche Straßen, Wege und Plätze sind durch Widmung im Straßen- und Wegerecht dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung gestellt. Hier gilt die sogenannte „strenge Verkehrssicherungspflicht“, also die generelle Pflicht, schädliche Einwirkungen auf die Verkehrsteilnehmer zu verhindern. Dies beinhaltet, dass im Bereich öffentlicher Straßen, Wege und Plätze die Verkehrssicherungspflicht auch im Hinblick auf atypische Waldgefahren besteht.
Auch für die sogenannten Eigentümerwege (= öffentlicher Weg, der unwiderruflich dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung gestellt wurde) gilt die „strenge Verkehrssicherungspflicht“.
Bei öffentlichen Feld- und Waldwegen (als solche gewidmet) gelten geringere Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht (Hier ist „…ein diesem Verkehrsbedürfnis entsprechender, hinreichend sicherer, gefahrloser Zustand der Verkehrsflächen herbeizuführen“).
Wer ist verantwortlich für die Verkehrssicherungspflicht?
Die Verkehrssicherungspflicht für Wald an öffentlichen Straßen und Wegen und Plätzen liegt grundsätzlich alleine beim Waldeigentümer des an die öffentliche Straße (etc.) angrenzenden Grundstücks. Es besteht sogar eine Mithaftung (neben der Straßenbehörde) für Bäume, die nach der Verkehrsauffassung der Straße zuzuordnen sind. Beispielsweise aus dem Wald „hervortretende“ Bäume, die Eigentümlichkeiten aufweisen, welche sie vom Waldsaum abheben und äußerlich der Straße zuordnen sind.
Was muss ich als Waldbesitzer beachten?
Sofern der Wald an einen Weg grenzt, sollte sich der Waldbesitzer zunächst erkundigen, ob es sich um einen gewidmeten – und damit öffentlichen – Weg handelt. Auskünfte hierzu erteilt die zuständige Gemeinde.
Private Waldwege gelten als Wald. Hier besteht lediglich die Verkehrssicherungspflicht bezüglich atypischer Waldgefahren.
Ausnahmen:
- Wenn der Waldeigentümer selbst einen Verkehr eröffnet, indem z. B. für bestimmte Wege eine besondere Zweckbestimmung erfolgt oder diese aktiv beworben wird (z. B. Trimm-dich-Pfad, Reitweg, Ausweisung eines Wanderweges mit Beschilderung, etc.). Hier kann eine erhöhte Verkehrssicherungspflicht entstehen.
- Es besteht eine konkrete offensichtliche Gefahr für Leib und Leben der Waldbesucher.
- Grenzt der Wald an einen öffentlichen Weg (…Straße, Platz), gelten folgende Empfehlungen:
- Beurteilen Sie die Bäume im Fallbereich der Straße (mindestens eine Baumlänge) mindestens 1 x jährlich (besser 2 x jährlich) auf ihre Standsicherheit. Dies erfolgt zunächst vom Boden aus. Eine Sichtprüfung aus dem fahrenden Auto heraus genügt nicht. Nach größeren Sturmereignissen, starkem Nassschnee oder Eisregen muss zusätzlich kontrolliert werden.
- Dabei beurteilen Sie die Baumkrone, den Stamm, den Stammfuß und den Wurzelbereich unter Berücksichtigung der standörtlichen Gegebenheiten.
- Bäume, die eine akute Gefahr darstellen, müssen umgehend gefällt oder derart gesichert werden, dass die Gefahr beseitigt ist.
- Beispiel: Ein Baum steht mit bereits angehobenem Wurzelteller in bedrohlicher Schieflage in Richtung Waldweg.
- Dokumentieren Sie die Baumkontrollen und die durchgeführten Maßnahmen, am besten in einem eigens dafür geführten Heft oder Büchlein. Hierfür gibt es keine Formvorgaben.
- Beispiel: Baumkontrolle am 01.12.2017 auf eine Tiefe von 30 Metern. Ein Baum gefällt. Bei drei Bäumen Totäste, die über die Straße ragten, entfernt. Zwei Bäume zur weiteren Beobachtung markiert.
Es wird empfohlen, die Dokumentation der jeweils letzten fünf Jahre aufzubewahren.
Besondere Vorschriften
Bei Erholungseinrichtungen im Wald, Waldkindergärten, Wanderparkplätzen, Bestattungswäldern, waldnaher Bebauung, aber auch bei Veranstaltungen im Wald oder durch Duldung entstehen bezüglich der Verkehrssicherungspflicht jeweils besondere Verpflichtungen. In diesem Zusammenhang wird von einer Zustimmung zum Aufstellen von Schildern oder Errichten von Erholungseinrichtungen durch Dritte ohne klare (schriftliche) Regelung bzgl. der Haftung abgeraten, da dies gesteigerte Verkehrssicherungspflichten nach sich ziehen könnte.
Nach § 1004 BGB gibt es keinen vorbeugenden Beseitigungsanspruch gegen gesunde Bäume, nur weil ein grenznaher Baum bei einem zukünftigen Sturm einmal beispielsweise auf das Garagendach fallen könnte. Das hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich klargestellt: Der Anspruch aus § 1004 BGB ist nämlich nur darauf gerichtet, konkrete Beeinträchtigungen zu beseitigen. Widerstandsfähige Bäume anzupflanzen und wachsen zu lassen, begründet alleine noch keine Gefahrenlage.
Verantwortlich kann der benachbarte Grundstückseigentümer immer erst dann sein, wenn die von ihm unterhaltenen Bäume krank oder überaltert sind und deshalb ihre Widerstandskraft eingebüßt haben. Solange die Bäume aber nicht in ihrer Standfestigkeit eingeschränkt sind, stellen sie keine ernsthafte Gefahr dar, die einer Beeinträchtigung im Sinne des § 1004 BGB gleichzustellen ist.